Zwei Weg Blog
Dienstag, 27. August 2019

Viertes Kapitel

               Viertes Kapitel

Doch es sollte noch dicker kommen. Kleinvieh verursacht kaum mist, doch wenn etwas groeszer wird, erfolgreicher, dann erweckt es aufsehen, begehrlichkeit, neid. Einem gestandenen promoter mit undurchsichtigen verbindungen, der zusaetzlich in diversen lokalitaeten spielautomaten wie auch jukeboxes aufstellte, paszte diese quereinsteiger-konkurrenz ueberhaupt nicht. Der verstand keinen spasz und sabotierte Jimmy von nun an massiv. Shows wurden gestoert - am eingang gab es zoff, drinnen wurde gerauft - lokalbesitzer bedroht, kuenstler belaestigt, geschaeftspartner angefeindet. Schmierige typen besuchten mitunter Jimmy´s buero und aergerten das personal. Mitunter guckte auch mal wer im Recordbox vorbei, dort fiel dann unbeabsichtigt etwas runter, da konnte Katarina noch so toben, die waren kurz danach wieder weg. Es lief einfach immer weniger nach plan und es sprach sich wie gewohnt herum in der branche, dasz Jimmy probleme hatte. Man begann ihn zu meiden, die labels zogen sich zurueck, acts blieben aus und er wieder mal auf den kosten sitzen. Hatte nicht wirklich etwas entgegenzusetzen, somit stuerzte das kartenhaus langsam aber sicher ein und schluszendlich muszte er alles um ein butterbrot abtreten – inklusive Recordbox. Zu guter letzt verließ ihn noch Katarina, wanderte wieder zurueck in den Grande Ballroom, der sich, dank Jimmy´s einst ueppigen buchungsauftraegen, nicht nur ordentlich herausgeputzt sondern auch vergroeszert hatte. Sie stieg angeblich mit beteiligung dort ein.

Der abermals gescheiterte hingegen suchte zuflucht im alkohol und wurde mit offenen armen aufgenommen. Infolge zog er bei seiner alten, gebrechlichen mutter ein und lag ihr auf der geldboerse. Einen job suchte er erst gar nicht. Entweder schlief er seinen rausch aus oder er verschaffte sich einen neuen. Bei einer seiner sauftouren traf er zufaellig auf den inhaber eines kleinen musik-labels, der gerade auf der durchreise war. Dieser erzaehlte von problemen seine produkte unterzubekommen, da die groszen firmen alles versuchen wuerden, um emporkoemmlinge zu verdraengen. Als unabhaengiger haette man es doppelt und dreifach schwer, da auch das geld für produktion & marketing knapp sei. Er wuerde seinen raster gerne besser praesentieren, in einem shop, von wo aus mittels postversand ein groeszeres, nationales oder gar internationales gebiet beackert werden koennte. Angeblich hatte er einige junge bands unter vertrag, die hungrig darauf waeren ihren wilden, ungezaehmten rock in die welt hinausschreien zu duerfen. Bald kam man zur einsicht, dasz man auf einer wellenlaenge lag. Somit bot dieser typ Jimmy an, er wuerde ihm etwas geld für eine passende lokalitaet borgen, wo dann eben seine produkte im gegenzug eine deutlich bessere praesentation haetten, Jimmy hingegen dafuer prozentuell einen groeszeren schnitt machen wuerde, jedoch auch den versand erledigen mueszte. Eine art franchise eben. Der alte haudegen brauchte nicht lange darueber nachdenken, er kannte diese art von problemen nur zu gut, dies klang definitiv nach rettungsanker. Er brachte sich wieder in form, es wurden vertraege aufgesetzt und die dinge begannen sich zu entwickeln.

Willkommen im Veni Vidi Vinyl store. Die partnerschaft hielt immer noch, das Garage Sounds label war ein gutes stueck gewachsen und mit seiner mutigen auswahl an kuenstlern als auch kuenstlerinnen immer für eine entdeckung gut. Es wurden keine charts gestuermt, doch der beliebtheitsgrad wurde vergroeßert, die nachfrage nach tontraegern gesteigert. Man hatte sich einen guten namen erarbeitet und das geschaeft entwickelte sich – auch wenn Jimmy dies gerne anders darstellte.

Als Frank nach getaner arbeit wieder mal im laden vorbeikam um sich durch einige neuerscheinungen zu hoeren, kam ploetzlich dieses tolle maedel durch die tuere rein. Genau jene, die bei dem letzten konzert ganz vorne gestanden war und danach ploetzlich im backstage-bereich verschwunden war. Wie die schon wieder gestylt war; Bikerjacke, bandshirt natuerlich, fetzige jeans und cowgirl-boots. Was will man mehr? Er muszte jetzt irgendetwas sagen, egal was und das wollte er auch, doch es kam kein ton raus. Sie schwebte an ihm vorbei in richtung Wolfgang, der hinter dem verkaufspult etwas sortierte. Diese chance hatte er jetzt wieder mal verpaszt, er muszte lockerer werden. Lehnte sich daher neben ihr laeszig gegen die wand und blies seinen kaugummi zu einer blase auf. Diese platzte und teile davon blieben auf seiner nase kleben. Sie muszte lachen, doch Frank war es peinlich. Er zog den gummi von der nase und steckte ihn wieder in den mund. Nun war ihr scheinbar das lachen vergangen. Okay, dies haette man auch anders loesen koennen. In diesem moment bemerkte er die erde unter seinen fingernaegeln und steckte die haende in die hosensaecke. Gaertnern ist eben zumeist drecksarbeit und wenn man es dann auch noch eilig hat, bleiben mitunter reste zurueck. Aber erde ist doch nichts schlechtes, mutter natur und so, aber eben jetzt vielleicht unpassend gewesen. Andererseits, auch rock & roll ist dreckig – oder sollte es zumindest sein. In dem moment kam Samuel durch die tuere, was machte der denn schon hier. Waehrenddessen hatte diese rock-braut Wolfgang nach einem der acts aus dem quasi haus-sortiment gefragt und dieser ging nach hinten um besagtes teil zu holen. Samuel hingegen steuerte schnurstracks auf sie zu und sprach sie auf das konzert an. Er haette sie dort in der ersten reihe gesehen und blah, blah, blah, blah. Der nahm ihm das gesamte konversations-material, das war unglaublich. Die beiden kicherten über irgendeinen bloedsinn. Frank raeusperte sich mehrmals, half jedoch nichts. Ihren namen hatte Samuel bereits in erfahrung gebracht, unglaublich, wenn die noch laenger palavern taeten, waeren sie am ende gar verheiratet, bevor Frank ueberhaupt ins gespraech kommen wuerde. Okay, jetzt aber, er drehte sich zu den beiden; =Dddddiese Radio Butchers sind wwwwirklich eine gute wahl=, stotterte er in ihre richtung. Kacke, schosz es ihm ein und er sprach ueberlegt weiter; =Ddiiie bringen jetzt bald ihr zweites album raus. Habe schon ein, zwei songs davon gehoert=, log er, hauptsache es lief wieder. =Kennst du die vielleicht gar=, fragte sie interessiert. =Arbeite quasi fuer das label=, kam es zurueck, =also hier.....gelegentlich im laden......das gehoert irgendwie zusammen und da trifft man den einen kuenstler oder auch die andere kuenslterin und ist gerne behilflich=. =Unglaublich=, witzelte Samuel, =da bist du so etwas wie die zweite meinung, wenn es ganz heisz hergeht=. Sie kicherte abermals. Jetzt reicht es mir, kam es Frank in den sinn, das ist kein freund sondern ein feind. =Sagen wir mal so=, stieg er wieder ein, =ich gebe meinen senf dazu, wenn noetig=. =Zu was denn=, fragte Wolfgang, er war gerade mit dem debuetalbum der truppe aus dem lager zurückgekehrt. =Frank, die schulter zum anlehnen, für alle aufstrebenden kuenstler des Garage Sounds rasters=, scherzte Samuel in seiner bloeden art. In diesem moment kam Jimmy gleichfalls aus dem lager. =Aaah, Radio Butchers, gute wahl=, liesz er wissen. =Die habe ich noch auf ihrer ersten kurz-tournee veranstaltet, da hatten sie noch nicht mal einen plattenvertrag=. Alle in deckung, dachte Frank, jetzt kommt wieder eine unendliche geschichte und auch die anderen beiden jungs verdrehten die augen. Der bosz war jetzt nicht mehr zu bremsen, obwohl er eigentlich gar nicht so verstaendlich sprach, wenn man seine aussprache nicht gewohnt war. Angeblich hatte dies mit dem verlust seiner zaehne und deren fragwuerdigen ersatz zu tun. Er war damals eben ganz knapp bei kasse gewesen. Trotzdem, eine anekdote jagte die naechste, feuer & flamme war der alte hirsch ploetzlich für diese kundin, wie es aussah. Dessen gluecks-straehne bei frauen mueszte doch jeglichen drang laengst unterdrueckt haben. Doch der kam von einer band zur naechsten und untermalte das ganze auch noch mit musik-beispielen. Wolfgang hatte mittlerweile den rollbalken halb heruntergezogen und Samuel nickte permanent mit dem kopf richtung tuere. Kampflos wuerde Frank jedoch das geschaeft nicht verlassen. Da laeutete das telefon, ein anruf für Jimmy, der entschuldigte sich. Diese unterbrechung nutzte Sally, wie nun bekannt war, um das album zu bezahlen und Frank wiederum, um ihr eine 7-inch unter die nase zu halten. =Die sind eine empfehlung von fan zu fan, werden ganz grosz rauskommen. Sie sind bei einem big player unter vertrag, da steckt eine ganze maschinerie dahinter, die muessen greifen, das geht gar nicht anders. Eine kleine aufmerksamkeit von mir an dich=, zwinkerte er ihr zu und sie laechelte. Wie zum hohn legte Wolfgang umgehend den kassenbon dafuer auf den tisch. Da fiel Frank ein, dasz er seine beschissene geldboerse in der arbeitshose gelassen hatte. =Hast du etwa angst, ich wuerde ohne zu zahlen durchbrennen=, hielt er erbost dagegen. =Ist schon in ordnung=, war Jimmy nun wieder da, =die geht auf mich=, zwinkerte er in richtung seiner vorigen gespraechspartnerin. Frank verzog die lippen zu einem mueden laecheln, er wollte diesen nebenjob ja nicht verlieren. Sally verabschiedete sich inzwischen, sie muesse weiter. Alle anderen wurden irgendwie kollektiv unruhig. Sie winkte in die runde und tauchte mit einer eleganten drehung ins freie. Eigentlich wollte nun jeder hinterher, doch keiner sich als erster bewegen. Scheisz situation, was jetzt, gruebelte Frank und schrie ploetzlich; =Meine verdammte brieftasche habe ich doch glatt in der gaertnerei vergessen, moeglicherweise erwische ich dort noch jemanden=, und rannte richtung tuere. Als er gegen den rollbalken schlug, hoerte er noch in weiter ferne wie Samuel meinte, doch ohnehin seinen schluessel dabeizuhaben. Alles um ihm herum explodierte ploetzlich in allen farben und diese Sally, ploetzlich war sie wieder da und spielte zu dem riesen-feuerwerk eine fuenfhalsige gitarre, wobei die funken nur so spruehten. Mann oh mann, so etwas hatte er ja noch nie gesehen, geiler als die figuren in Mutter´s vitrine. Sie winkte ihm nun mit beiden haenden zu sich und warf dazu ihr grell leuchtendes haar in den nacken. Die war einfach spitzenklasse, doch Frank konnte weder nach vorne noch zurueck, sein koerper versagte den dienst, er lag wie ein hilfloser kaefer auf dem ruecken. Sally entfernte sich mittlerweile immer mehr von ihm, bis sie nirgendwo mehr zu sehen war. Dafuer erschien vor seinen trueben augen nun Jimmy´s low-budget-fresse, er hielt ihm ein tuch mit eingewickelten eiswuerfeln auf die massiv anwachsende beule. =Willkommen zurueck, kumpel=, bemerkte Wolfgang und Samuel steuerte ein =jawohl= bei. Darauf geschissen, dachte Frank, er waere lieber mit diesem rock & roll traum um die haeuser gezogen, doch davon war nichts mehr zu sehen. So ploetzlich wie sie abermals in sein leben getreten war, verschwand sie auch wieder. Er wollte eigentlich gar nicht aufstehen, koennte ihm nicht jemand nochmals eins ueberbraten, damit er wieder in diese scheinwelt eintreten wuerde, auf eine jam-session mit dieser rock-goettin.

Mit vereinten kraeften kam er wieder auf die beine. Stand kurzatmig mitten im laden und hielt ein tropfendes tuch gegen seine ramponierte ruebe. Ihm war schlicht zum heulen. Jimmy kam mit einem gut gekuehlten six-pack aus dem buero und legte begleitend etwas beruhigendes auf den plattenteller. Die runde liesz den arbeitstag nun gemaechlich ausklingen, man lachte mittlerweile ueber das kleine miszgeschick, in freude, dasz alles glimpflich ausgegangen war. Dumm gelaufen, doch in Frank´s brummenden schaedel spukte immer noch seine traumfrau herum, er muszte sie einfach wiedersehen, diese........., diese..........., diese......

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