Zwei Weg Blog
Mittwoch, 14. August 2019

Zweites Kapitel

                   Zweites Kapitel

Dann war da noch Wolfgang, der arbeitete in einem plattenladen namens Veni Vidi Vinyl. Ein job, den Frank selbst gerne gehabt haette. Aber immerhin durfte er, an starken wochenenden oder wenn not am mann war, zumindest aushelfen. Insgeheim hoffte er immer auf eine fix-anstellung, war jedoch auch damit zufrieden, wie es lief, denn eine personalaufstockung stand ohnedies nicht zur debatte. Weil es gab ja noch Jimmy, den besitzer, der kuemmerte sich hauptsaechlich um den versand. Damit war die bude ohnehin fast ueberbesetzt. Letzterer war ein alter haudegen der branche, welcher bereits drei geschaefte in den ruin gefuehrt hatte. Strapazierte stets die nullrechnung wenn es um geld oder aehnliches ging. Unterm strich wuerde nichts bleiben, waere schlicht ein hobby, ein sparschwein ohne boden oder derlei sprueche klopfte er für gewoehnlich. In wahrheit verspielte er immer wieder beachtliche summen in hinterzimmern dubioser clubs. Die pechstraehne war sein staendiger begleiter. Wenn er zum spielen ging, dann wuszte Wolfgang nie, ob er am naechsten tag noch einen job haben wuerde. Hatte er wider erwarten mal gewonnen, haute er dermaszen auf den putz, dasz er doch wieder fast ohne kohle heimkam. Seine frau hatte ihm - nicht nur - deswegen laengst verlassen. Das war vielleicht eine schoenheit gewesen, sang einst in einer band, die bestand nur aus musikerinnen, nannten sich The Stiletto Heels und waren zu viert. Basz, gitarre schlagzeug, gesang – mit gelegentlich zweitem sechs-saiter, wenn es voller rueberkommen sollte. Die machten keine gefangenen, diese ladies, spielten ihr ding kompromiszlos runter, durch die mitte, lieszen sich in keine rollenspiele draengen. Da standen die ganzen gaffer unbeweglich in der ersten reihe und holten sich geistig einen runter, wogegen all die maedels im publikum ihre role-models feierten. Jimmy verschaffte ihnen die auftritte und verkaufte, in seinen damals zwei geschaeften, die demo-tapes. Als draufgabe servierte er meist irgendeine fragwuerdige geschichte dazu, welche das interesse ankurbeln sollte. Weiters bekam jeder vertreter einer plattenfirma der vor ort vorstellig wurde, weil er etwas aus seinem repertoire verkaufen wollte, eine dieser kassetten mit auf den weg. Beigelegt war eine von ihm phantasievoll ausgeschmueckte kurz-bio der truppe. Schlieszlich bisz dann jemand an und das quartett wurde unter vertrag genommen. Ein longplayer plus option auf einen weiteren wurde ausgehandelt und Jimmy liesz sich auch noch den produzenten-job absegnen. Dies war nicht allen in der formation recht, dadurch kam es bereits im vorfeld der aufnahmen des erstlings zu spannungen. Die einheit wies erste risse auf . Dazu kam, dasz in weiterer folge die dazugehoerende cover-gestaltung kein fettnaeppchen ausliesz. "Sex sells", dachten sich wohl die geldgeber und vor allem der umtriebige – quasi – manager. Als schluszendlich noch bei den credits, für etwaige tantiemen, scheinbar nicht alles rechtens aufgelistet war, gab es im zuge der veroeffentlichungs-party, die noch dazu in einem strip-club abgehalten wurde, unschoene worte sowie ein ordentliches handgemenge. Laut geruechten wurde einem vertreter des labels von einer der ladies die nase gebrochen. Die lokalitaet hatte übrigens Jimmy organisiert, weil er dort noch spielschulden hatte. Diese unpassenden szenen, neben den anderen ungereimtheiten, fuehrten schlußendlich zur aufloesung des vierers. Man konnte nicht mehr miteinander – innerhalb wie auszerhalb. Die anstehende tournee wurde abgesagt, der deal annuliert. Somit null promotion für ein album, dasz es eigentlich gar nicht gab beziehungsweise welches eingestampft wurde. Jimmy blieb euphoriebedingt auf einer groeszeren summe sitzen und mußte eines seiner beiden geschaefte abstoszen. Da wurde dann so ein laden fuer erwachsenen-zeugs daraus gemacht. Spielzeug, magazine, buecher, photos, filme aber auch einschlaegige musik plus das eine oder andere hoerspiel. Die neuadaptierte huette wurde darauf groszmaeulig Player´s Paradise getauft. Wem faellt denn sowas ein? Angeblich hatten die noch zusaetzlich zwei kleine kabinen eingebaut. Wohl fuers trockentraining! Im hintergrund mischte natuerlich dieser nacht-club-bosz mit. Das war so ein zwielichtiger typ, der scheinbar immer denselben speckigen anzug trug. Jedenfalls konnte sich der gerupfte Jimmy als trostpflaster zwei kartons dieses nun-doch-nicht debuets von The Stiletto Heels sichern, wovon er in weiterer folge immer wieder, wenn er knapp bei kasse war, ein letztes promo-exemplar ueber dubiose kanaele abstiesz. Auch das reservoir an demo-tapes schien scheinbar unerschoepflich. Mittlerweile hatte der eigentliche longplayer naemlich einen beachtlichen wert, galt als verlorene perle, weil er nie wieder aufgelegt wurde. Das damalige label ging inzwischen bankrott, die rechte an einer neuerlichen vervielfaeltigung waren nicht ganz klar und die protagonistinnen in alle winde zerstreut. Niemand der besetzung wohnte mehr in der stadt, man wuszte nicht mal, ob ueberhaupt noch alle am leben waren. Spaetere semester bezweifelten mitunter, dasz es besagten vierer je gegeben hatte. Hielten das ganze für ein maerchen, einen stunt, mit dem man legenden zuechtet beziehungsweise nachfolgende acts verkaufen wolle. Die unterschiedliche auslegung der entstehungs-historie durch den selbsternannten nachlasz-verwalter befeuerte dies nur.

Montag, 5. August 2019

Erstes Kapitel

Hier wird nun im wochen-rhythmus eine kleine geschichte in bescheidenen 11 kapiteln erzaehlt. Diese ist jedoch schlicht & einfach erstunken & erlogen. Rein gar nichts entspricht der wahrheit. Personen, orte als auch die handlung sind frei erfunden. Etwaige aehnlichkeiten mit begebenheiten beziehungsweise lebenden oder bereits verstorbenen personen waere definitiv an den haaren herbeigezogen. Es handelt sich hierbei jedoch nicht um science fiction sondern retro fiction. Aber am besten selbst ein bild davon machen.

                         Erstes Kapitel

Sie stand ganz vorne und trommelte mit den faeusten rhythmisch auf die buehnenbretter. Schuettelte dazu ihre wilde, ungezaehmte, blonde maehne als haette sich darin ein wespenschwarm eingenistet. Ihr knappes band-shirt klebte fast am koerper. Irgendwie muszte man fuerchten, sie wuerde jeden moment die buehne stuermen. Die war rock `n roll durch & durch. Hatte auch noch eine freundin im schlepptau, welche aber eher von der ruhigeren sorte war, fast unscheinbar, klatsche nur verhalten mit und traf dabei kaum den takt. Sah jedoch gleichfalls nicht uebel aus, wenn man genauer hinsah. Interessierte sich aber mehr für die musiker selbst als deren sound, das ganze drumherum oder sonst irgendjemanden. Jedenfalls war es bereits die dritte zugabe jener neuen, angesagten band, welche gerade ihr debuet-album betourte und daher noch in solch kleinen, vor der renovierung oder auch dem zusperren - wie man es sah - stehenden schuppen auftrat, die dann vorab prompt ausverkauft waren. Die meute stand foermlich kopf – bis auf Frank, der lehnte seitwaerts an der wand, wollte abgebrueht wirken, als haette er bereits saemtliche acts kommen & gehen sehen. Er war gleichfalls nicht alleine gekommen, Samuel hatte ihn begleitet, sein alter kumpel, der jedoch weiter vorne abtanzte und dabei allen auf die zehen trat. Als wollte er die show sabotieren. Aber Frank hatte ohnehin nur mehr augen für dieses weibliche energiebuendel, die ging ab wie die feuerwehr bei einem groszbrand. Er muszte nach dem ende unbedingt mit ihr ins gespraech kommen, auch wenn ihm noch nicht klar war worueber. Doch irgendetwas wuerde ihm schon einfallen, wenn es soweit war. Zur not muszte eben das wetter als thema herhalten, das spielte in letzter zeit ohnehin verrueckt. Die vier musiker traten nun endgueltig ab, warfen noch irgendwelchen krimskrams in die sich darum fast pruegelnde menge, um anschlieszend hinter dem vorhang zu verschwinden. Jetzt aber los!

Das gedraenge war animalisch, verschiedene dampfende koerper waelzten sich zu den ausgaengen, doch Frank draengte in die andere richtung. Das war nicht einfach. Als er fast am ziel war, knapp hinter dieser blondine, trat ploetzlich ein roadie auf sie und ihre freundin zu und haengte einer jeden einen backstage-pass um den hals. Alle drei zusammen steuerten daraufhin die absperrung an. Was sollte er jetzt machen, da lief wieder mal alles gegen ihn. Als er endlich aufgeschlossen hattte, versperrten ihm zwei bullige securities den weg, winkten ihm weg. Dahin war sie, nicht mehr zu sehen. Die wuerde nun wohl hinter der buehne ihr t-shirt zum trocknen aufhaengen - oder wie, aergerte er sich innerlich. Verdammte scheisze, schosz es ihm in den kopf, der abend war gelaufen, er machte kehrt. Haette er sich schon vor dem ende an ihre seite gedraengt, waere das ganze moeglicherweise anders verlaufen. Andererseits, wohl kaum anzunehmen, sie haette seine gesellschaft jener der protagonisten vorgezogen. Doch eventuell waere er an ihre telefonnummer gekommen..... oder briefadresse......., denn die band wuerde spaetestens morgen wieder weiterreisen, doch er auch uebermorgen noch hier abhaengen. Wo sollte er denn schon grosz hin? Man haette sich wiedersehen koennen, bei irgendeinem konzert oder so. Sinnlos nun spekulationen anzustellen, der zug ist abgefahren, vor dem schuppen wartete dann auch schon Samuel und hob fragend die haende. In jeder davon hatte er eine flasche bier, beide bereits zur haelfte geleert. Der junge war ein wandelndes raetsel. Er haette noch auf die toilette muessen, jedoch hatten viele andere gleichzeitig dieses beduerfnis, log Frank. Auf bloede kommentare oder gar besserwisserei konnte er jetzt dankend verzichten. Vor allem von einem, der selbst nicht grosz etwas auf die reihe bekam. Aber es war ohnehin bereits spaet, somit spuelten sie noch schnell das verbliebene gebraeu runter, denn beide muszten morgen wieder frueh raus. Sie waren kollegen in einer gaertnerei. Samuel, dessen onkel der eigentuemer war, hatte ja einen gruenen daumen, der brachte alles zum wachsen, doch Frank war generell anders, sein gebiet war die unkrautvernichtung. Das ist natuerlich eine ganz andere herangehensweise. Aber egal und ja, es gab definitiv bessere berufe, doch dies war eben zu bekommen gewesen oder besser gesagt; Sein kumpel brachte ihm dort unter, legte ein gutes wort ein. Wie auch immer, das leben begann ohnehin erst nach dienstschlusz und irgendwie muszte man die freizeit eben finanzieren. Diese war bei Frank dem rock & roll geweiht – im passiven sinne. Traf selbst keinen beschissenen ton, war jedoch staendig hinter dem naechsten groszen ding her. Via zeitschriften, schallplatten, konzerten. Ohne aussicht auf profit. Im gegenteil, er investierte jede menge kohle in seine leidenschaft. Solche typen muszte es natuerlich auch geben, denn wenn alle auf der buehne stehen wuerden, wer waere dann davor? Eine altbekannte weisheit. Dies unheilbare rock & roll fieber hatte ihn, im wahrsten sinne des wortes, bereits zu kindheitstagen gepackt. Da standen daheim einst so tierfiguren mit ihren instrumenten in einem glasschrank. Ein affe spielte schlagzeug, der hund gitarre, ein kaefer piano und der flamingo stand auf einem bein am mikrophon. Als Frank in ganz jungen jahren mal extrem erhoehte temparatur hatte, da fing diese combo ploetzlich zu spielen an, wie wild. Das klang einfach super und immer wieder deuteten sie in seine richtung, er moege doch miteinsteigen. Das haette er gerne gemacht, doch er war einfach viel zu schwach um aufzustehen und so schlief er ein. Am naechsten tag und ueberhaupt, die ruehrten sich nie wieder, keinen deut. Mitunter sasz er stundenlang davor. Das war einfach nicht fair und geglaubt hatte ihm damals natuerlich niemand.

Samuel wiederum konnte, nach kurzem kennenlernen, praktisch jedes instrument bedienen. War einfach ein naturtalent, doch zu faul zum ueben. Spielte etwas daran rum und legte es dann wieder ab. Pflanzen waren naemlich sein ding. Nicht dasz er jetzt null interesse an musik hatte, doch nicht in diesem ausmasz, für ihm war es weder berufung noch ziel, sondern einfach spasz. Moeglicherweise lag dies daran, dasz er als kleiner junge klavier lernen muszte – um jeden preis, familientradition und so. Hatte die begabung dazu, es fiel ihm leicht, er spielte damals gut, aber wie gesagt – kein wirkliches interesse. Samuel brauchte auf keiner buehne zu stehen, er stand lieber im blumenbeet oder an irgendeiner bar und liesz den tag gemuetlich ausklingen. Haette Frank musikalisch nur halb so viel drauf, stuende er laengst im beiszenden scheinwerferlicht und die maedels wuerden reihenweise in ohmacht fallen - oder zumindest von weinkraempfen gebeutelt werden.

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