Sechstes Kapitel
Sechstes Kapitel
Da hatte ihr Frank etwas voraus, er war bereits mitten im musik-geschaeft. Okay, teilzeit im plattenladen, ist, auf die filmindustrie umgelegt, ungefaehr so viel movie-business wie daumenkino. Jedoch immerhin ein anfang, den ihm sein alter freund Wolfgang geebnet hatte und wofuer er diesem dankbar war. Gut, mitunter kam es zu spannungen, weil der seine laengere erfahrung sowie bessere stellung raushaengen liesz, doch er meinte es nicht boese, das war so seine art. Ihm fiel eben immer alles leichter, war schon immer so. Brauchte auch bei den frauen nie grosze reden schwingen, denn was er von sich gab, das sasz. Obwohl er definitv kein poster-boy war, eher gewoehnlich. Trotzdem, schon in der schule steckte er permanent mit diesem engel aus der parallelklasse zusammen, da wuszte Frank noch nicht mal, dasz es groebere unterschiede zwischen jungs und maedels gab. Bald nach der schule hatte Wolfgang eine liason mit dieser thekenkraft aus dem live-club im alten viertel, die viel aelter war als er und ihm zeigte, wo der schatz vergraben war. Oder noch spaeter, jene saengerin, von dieser harten rock band aus der nachbarstadt, welche jahrelang quasi ueberall um ein butterbrot aufspielte und schluszendlich ueber nacht beruehmt wurde. Diese frontfrau war wohl seine groeszte eroberung - fand zumindest Frank.
Candy Lovers hiesz die truppe und sie nannte sich Candy Darling. Da war interesse natuerlich vorprogrammiert. Wenn die lady auf der buehne stand, dann hatte sie das publikum fest im griff, alles hoerte auf ihre kommandos. Irgendwie mystisch und man hatte stets das gefuehl, die waeren einfach im kommen - frueher oder spaeter. Jedenfalls sah er Wolfgang damals ploetzlich hand in hand mit ihr herummarschieren und der stellte sie ihm dann auch vor. Als wueszte Frank nicht wer sie war – laecherlich, die gruppe trat doch permanent irgendwo in der gegend auf. Jedenfalls wirkten die zwei dermaszen verbunden, als wuerden sie auf einer wellenlaenge dahinsurfen. Oder waren die blosz auf dem selben zeugs unterwegs? Deren konzerte wirkten ja ohnehin wie eine art von trip. Jedenfalls sah er seinen alten schulkollegen danach eine laengere zeit nicht, er war anscheinend permanent im schlepptau dieser Candy unterwegs. Ungefaehr bis die truppe ploetzlich zuendete, da war er dann wieder zurueck.
Motor der karriere-explosion war Michel Weber, ein kleinwuechsiger trittbrettfahrer der musikszene, welcher stets nach der eintrittskarte ins grosze geschaeft ausschau hielt und wenn es an einem act etwas zu verdienen gab, dann maximal fuer ihn. Seine duerftige haarpracht war zumeist mit gel zurueckfriesiert und er hatte fast immer eine zigarre im mundwinkel haengen. Als niederlassung diente fuer gewoehnlich ein buero, in dem er praktisch nie anzutreffen war. Jedenfalls sah er damals die Candy Lovers zufaellig in einer art biker-treff auftreten und war vor allem von der saengerin, bei der die trinkfidele meute bereits johlte, wenn sie blosz herumtaenzelte, total hingerissen. Da er den veranstalter natuerlich kannte, war er bereits vor der zugabe hinter der buehne. Anschlieszend, bei einem gemeinsamen gespraech, lobte er die band ueber den gruenen klee, stellte ihnen eine ordentliche karriere in aussicht und lud sie zwecks vertragsverhandlungen in sein ominoeses buero ein. Als er gegangen war, spottete Wolfgang, der inzwischen hinzugekommen war, noch ueber ihn, ohne zu ahnen, dasz schluszendlich er der bloede sein wuerde.
Beim ausgemachten termin erlaeuterte Weber der truppe, was er ihnen alles bieten wuerde – plattenaufnahmen, tour im vorprogramm eines namhaften acts, fernsehauftritte et cetera. Da unterschrieben sie blind. Deren groeszter traum war ohnehin, ihre musik vor so vielen leuten wie moeglich zu praesentieren. Was hatten die zu verlieren? So nahm das schicksal seinen lauf, den plattenvertrag gab es gleich über 7 alben – wahnsinn, die waeren schon froh gewesen eines zu machen. Ueberraschenderweise hatte dann der manager bei der produktion einiges mitzureden. Verschiedene musiker wurden eingebracht, damit es besser klingt. Mitunter wuszten die bandkollegen nicht, dasz ein aufnahmetag gebucht war, somit war nur Candy im studio, die Weber ganz grosz rausbringen wollte - am besten als solo-artist. Wogegen Wolfgang von ihr ferngehalten wurde, einfach nicht mehr an sie ran kam. Als das debuet auf den markt kam, ging es fuer die truppe sofort auf ochsentour. Anfangs einige club-gigs in eigener sache, wobei Weber jedes mittel recht war, um aufsehen zu erzeugen und etwas presse abzubekommen. So trug die saengerin bei einer show transparente unterwaesche und die jungs wurden im vorfeld einer anderen verhaftet, weil sie bei einer tankstelle gegen die zapfsaeulen gepinkelt hatten, da der tankwart die schlueszel fuer die sanitaerraeume nicht rausruecken wollte. Anschlieszend gaben sie das vorprogramm für einen rock-saenger, der gerade mit zwei songs in den unteren chart-regionen vertreten war. Da war dann intern das lager bereits in zwei teile gespalten. Candy war der eine und die anderen, die Lovers, der zweite. Michel arbeitete wie ein virus um an sein ziel zu kommen. Trotzdem ging die konzertreise gut sowie erfolgreich zu ende, sie hatten sich mittlerweile einen passablen bekanntheitsgrad erspielt, der zeitdruck liesz keine weiteren streitereien zu.
Kaum daheim angelangt, stand bereits die naechste recording-session am programm, die fans brauchten nachschub. Diesmal sollte alles noch aufwendiger ablaufen. Um die belastung ertraeglich zu machen, wurde an medikamenten nicht gespart. Weber selbst gab den onkel doktor, verteilte alles rezeptfrei. Jedoch wollte die truppe diesmal alles selbst einspielen, in mittlerweile ungewohnter einigkeit tat sie dies kund. Okay, da mußte die gegenseite die zuegel mal etwas lockern, dafuer wurde jedoch ein erfahrener produzent engagiert, um professionelles arbeiten zu gewaehrleisten. Die richtige mischung gaebe den ausschlag, liesz Weber wissen. Da am schlusz angeblich nicht genuegend taugliches song-material vorhanden war, wurden noch fremd-kompositionen ins spiel gebracht. Geben & nehmen lautete das zitat hierzu. 20 harte aufnahmetage und eine beinahe-ueberdosis des schlagzeugers spaeter, war das produkt ordentlich durchgemischt im kasten. Ein paar wochen darauf gab es die praesentation des zweitlings in einer stillgelegten sueszwarenfabrik. Da gab es dann jede menge baloons, girlanden und lampions. Sueszigkeiten regnete es von der decke, in buntes papier gewickelte kellnerinnen servierten drinks und die hauptattraktion spielte ein 45-minuetiges set, das in einer tortenschlacht endete. Die einen meinten es waere einer von Weber´s publicity-stunts gewesen, die anderen schwoerten es war der anfang vom ende.
Die unmittelbar darauffolgende tournee, diesmal in hallen, bestritt ein neues line-up. Schlagwerker Boris wurde ersetzt und verschwand komplett von der bildflaeche, wogegen ein keyboarder die besetzung verstaerkte. Mehr moeglichkeiten, besserer sound sowie am puls der zeit wuerde das ganze sein, meinte Michel. Das label und auch Candy stimmten ihm zu. Oder vielmehr schien ihr mittlerweile alles gleichgueltig zu sein, sie driftete einfach dahin.